Büro-Gossip gehört zum Firmenalltag. Doch er ist nicht immer im Sinne von Führungspersonen. Falsche Gerüchte und vor allem negative Kommentare über Arbeitskollegen belasten das Arbeitsklima und schaden der Zusammenarbeit. Anja Feierabend, Wirtschaftswissenschaftlerin der Universität Luzern, spricht in diesem Zusammenhang von «negativem Klatsch»: «Das ist der Austausch von persönlichen Informationen, die abwertend oder kritisierend sind, über abwesende Dritte.»
Dieser negative Klatsch ist laut Feierabend gerade für Führungspersonen schädlich – vor allem, wenn sie selber Klatschbasen sind: «Führungskräfte, die negativ über ihre Kollegen oder Unterstellten sprechen, sind oft selbst von negativem Klatsch betroffen und erhalten weniger Unterstützung von ihrem Team.» Das könne die Reputation einer Führungskraft beschädigen, ihre Glaubwürdigkeit und Autorität untergraben sowie das gegenseitige Vertrauen erschüttern.
Deshalb müssen Führungspersonen Gerüchte mit Bedacht handhaben. «Verbreiten sich falsche Informationen oder schädliche Behauptungen, ist es wichtig, sie zu korrigieren», sagt Feierabend. So vermeide man Missverständnisse und stelle das Vertrauen wieder her. Bei weniger schwerwiegenden oder irrelevanten Gerüchten sei es manchmal gar klüger, ihnen keine Aufmerksamkeit zu schenken. «Durch Ignorieren verklingen sie oft von selbst.»
Anja Feierabend studierte Psychologie und Betriebswirtschaft an der Universität Zürich. Während ihres Studiums spezialisierte sie sich in Neuroökonomie und Human Resource Management. Im Jahr 2008 startete sie am Lehrstuhl für Human Resource Management als wissenschaftliche Assistentin und Doktorandin. Seit 2012 ist sie Oberassistentin und Projektleiterin des SNF-Infrastrukturprojekts Schweizer HR-Barometer.
Der Gegenspieler des negativen Klatschs ist der positive: Er umfasst den Austausch über Dritte in anerkennender oder lobender Weise – wie das Hervorheben von Stärken, das Erreichen eines Meilensteins oder wenn jemand dem Team geholfen hat. «Wer positiven Klatsch verbreitet, kann eine motivierende Kultur im Team fördern», ordnet Feierabend ein. Positiver Klatsch bringe Mitarbeitende zusammen und baue informelle Netzwerke im Team auf.
Den Vorteil von Klatsch am Arbeitsplatz hat jüngst auch Hogan Assessments untersucht. Der Anbieter des gleichnamigen Persönlichkeitstest fand heraus, dass Führungskräfte im Klatsch einen unerwarteten Verbündeten finden können: «Klatsch spiegelt den Puls eines Arbeitsplatzes wider», sagt Allison Howell, Vice President of Market Innovation bei Hogan. Die Plauderei oder Tratscherei fungiere oft als Frühwarnsystem und signalisiere potenzielle Herausforderungen oder Konflikte, bevor diese eskalierten. Wer also genau hinhört, hat mit dem Klatsch einen heimlichen Partner und kann proaktiv agieren.
Ausserdem diene Klatsch als Diagnosewerkzeug. Wo sich negativer Klatsch verbreitet, wurzeln die Probleme meistens tiefer. Wer dann hinhört, kommt den Gründen auf die Spur: «Konzentriert sich die Führung darauf, Konflikte zwischen Gruppen zu lösen und die Kommunikation zu verbessern, wird der Arbeitsplatz stärker und der Zusammenhalt grösser», so Howell. Wichtig ist in jedem Fall, dass Führungspersonen eine neutrale Haltung einnehmen und sich nicht am negativen Klatsch beteiligen.
Mit Klatsch im Büro setzt sich auch die HSG-Professorin Heike Bruch auseinander. Sie befasst sich mit Energie und Hochleistungskultur. Bruch betont, dass Negativenergie wie Gerüchte und Flurfunk in schwierigen Zeiten Hochkonjunktur haben und eine Herausforderung für Führungskräfte darstellen. Zusätzlich verschärft der «digitale Flurfunk» die Situation: «Aussagen können viral gehen und sich unberechenbar verbreiten.»
Deshalb sei es umso wichtiger, frühzeitig und offen zu kommunizieren. Wenn Führungskräfte selbst unsicher sind oder Vertraulichkeit wahren müssen, sollten immerhin Informationen zum Prozess erfolgen, um Spekulationen möglichst gering zu halten. Wichtig ist auch, dass sich das Führungsteam abstimmt und bei den Kernbotschaften die gleichen Überzeugungen teilt. «Konsistenz ist elementar», so Bruch.
Heike Bruch ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung von Leadership-Forschungsthemen: Leadership, Energie & Engagement, gesunde Hochleistung, neue Führungs- und Arbeitsformen.
Dabei sei die digitale Kommunikation eine entscheidende Ergänzung zur authentischen persönlichen Kommunikation: Alle sollten über die gleichen Kanäle Zugang zu den Informationen haben. Es dürfen keine Kommunikationsgräben zwischen Jüngeren und Älteren, zwischen Blue-Collar- und White-Collar-Mitarbeitenden oder dem Hauptquartier und den Niederlassungen bestehen.
Die unsicheren Zeiten kennt auch Ursula Bergundthal gut. Sie ist selbstständige Beraterin und unterstützt Firmen in Krisenzeiten in der Kommunikation. Gerade bei einem Stellenabbau sei schwierig abzuschätzen, was man sagen darf und was nicht: «Wer jedoch nichts sagt, provoziert und sorgt damit unweigerlich für Gerüchte.» Diese entstünden aus der Unsicherheit, und Arbeitnehmende begännen zu interpretieren. «Die Gerüchte haben mit der fehlenden Sicherheit zu tun, der Position einer Person sowie ihrer Rolle im Team.»
Das Ziel: Transparenz und Teamgeist
Die einzige Lösung ist Transparenz: «Je transparenter, desto einfacher.» Doch genau das ist bei einem Stellenabbau nicht von vornherein möglich – denn während man einigen kündigen muss, möchte man andere halten. In der Unsicherheit kündigen dann oftmals gerade die Mitarbeitenden, die man eigentlich hätte halten wollen. Solche Abgänge können die Führungskraft überraschen. Denn sie war zu sehr auf diejenigen fokussiert, denen sie kündigen musste.
Ursula Bergundthal ist Personalexpertin und Geschäftsführerin der Firma Solution Advisors. Mit ihrem Unternehmen begleitet und coacht sie Firmen bei Reorganisationen und Veränderungsprozessen.
«Gerüchten kann man am besten aus dem Weg gehen, indem man im Alltag immer wieder das Team zusammennimmt», empfiehlt Bergundthal. Man soll das Team fragen, wo es steht, welche Themen die Leute beschäftigen. Das Ziel sei eine Natürlichkeit im Austausch, wodurch Nähe zur Führungsperson entsteht: «Je mehr Distanz die Führungskraft hat, desto mehr Gerüchte gibt es.» Ist sie näher dran, erfährt sie eher, was die Leute beschäftigt, und es bildet sich ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Denn das ist die grosse Kunst im Management: die Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden, sodass die Stimmung im Unternehmen nicht erodiert.
Quelle: Handelszeitung, Tina Fischer, 2025
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