Vor gut einem Jahr haben publizierte Stelleninserate einen historischen Höhepunkt erreicht. Seither ist eine Abkühlung auf dem Schweizer Arbeitsmarkt sowie einen Rückgang in der Nachfrage nach Arbeitskräften zu beobachten.
Michael Siegenthaler, Arbeitsmarktexperte bei der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, führt dies unter anderem auf die schwache Aussenkonjunktur in den für die Schweiz wichtigen Exportländern zurück. Er wertet den Rückgang aber als Normalisierungsphase nach dem Post-Corona-Boom, denn es gebe immer noch sehr viele offene Stellen. Zur Veranschaulichung: Im ersten Quartal dieses Jahres gab es 114'303 offene Stellen, dies ist fast 10 Prozent weniger als im Vorjahresquartal (126'617).
Der Rückgang der ausgeschriebenen Stellen ist nicht in allen Branchen gleich stark. «Im Gesundheitswesen oder im Verkehrswesen sind nach wie vor sehr viele Stellen ausgeschrieben», sagt Michael Siegenthaler. Auch Experten für künstliche Intelligenz oder Spezialisten für Cybersicherheit würden nach wie vor gesucht. Der Industriesektor hingegen habe seit einiger Zeit mit einer Schwächephase zu kämpfen.
Ein anschauliches Beispiel bietet die Baubranche: Vor einem Jahr noch beklagte man den Fachkräftemangel, doch mittlerweile sind die Auftragseingänge rückläufig. Besonders deutlich wird dies im Temporärmarkt, wo viele derjenigen, die vor einem Jahr noch in der Baubranche beschäftigt waren, heute ohne Anstellung dastehen.
«In vielen Berufen und Branchen ist es weiterhin schwierig, Personal zu finden.
Die Zeiten des Fachkräftemangels sind noch nicht vorbei.»
Michael Siegenthaler, Arbeitsmarktexperte KOF
Swissstaffing (Verband der Personaldienstleister der Schweiz) erklärt, dass sich die Gleichgewichte zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden in der neuen Arbeitsmarktphase verschieben, auch wenn die Lage im Vergleich zur Situation vor der Corona-Krise immer noch gut ist. Michael Siegenthaler fügt an, dass der aktuelle Abschwung wahrscheinlich nicht in einer Schwächephase des Arbeitsmarktes enden wird: «Wir hatten zwei bis drei Jahre lang einen enormen Beschäftigungsaufbau, der sich jetzt zurückentwickelt. Wir gehen nicht davon aus, dass wir jetzt in eine Rezession abrutschen oder dass die Arbeitslosenzahlen auf ein hohes Niveau steigen werden.»
Quelle: «SRF», 2024
Tagesschau vom 24.07.2024: Abkühlung der Schweizer Wirtschaft ist spürbar
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