Das vergangene Jahr war auf vielen Ebenen ein herausforderndes. Zum Beispiel hinsichtlich des Stellenabbaus bei der neuen UBS. Aber auch Hero, Flyer, Google, Estée Lauder, Nestlé, Sympany oder Dormakaba kündigten Entlassungen an. Und dies in einer Zeit, in der die Babyboomer nach und nach aus dem Arbeitsprozess scheiden und die in den Arbeitsmarkt eintretende Generation Z schon rein rechnerisch diese Lücken nicht füllen kann.
Diese Transformation ist bei vielen KMU noch nicht angekommen – entsprechend stehen sie noch nicht da, wo sie könnten und sollten. Dazu kommen neue digitale Transformationen wie die künstliche Intelligenz (KI). Der Aufruhr ist bereits gewaltig – auch wenn massentaugliche KI-Tools wie Chat GPT erst vor ein paar Wochen den ersten Geburtstag feierten.
Die Arbeitswelt wird sich in den nächsten 36 Monaten in der Breite so stark verändern, wie es schon länger nicht mehr der Fall war. Gewisse Berufsgattungen werden aussterben. Ein Beispiel: Glasbläser. Dieser Beruf wird in Europa kaum noch ausgebildet, und die bestehenden Glashütten haben schon heute Mühe, mundgeblasene Gläser produzieren zu können. Darauf hat die Branche reagiert: Maximilian Riedel, Angehöriger der elften Generation des gleichnamigen familiengeführten Unternehmens, begann früh, feinste Gläser maschinell so herstellen zu lassen, dass man den Unterschied kaum feststellen kann.
Jobs werden neu ausgerichtet, und doch werden Firmen – so wie Riedel – weiterhin existieren wollen. Heisst, sie müssen sich dahingehend verändern, dass ihre Produkte oder Entwicklungen genauso gefragt bleiben wie ihre Dienstleistungen. Dass sie dazu das passende Personal benötigen, steht ausser Frage. Heute findet auf dem Arbeitsmarkt aber kein «War of Talents» mehr statt, den es seit über zwanzig Jahren gibt, sondern es grassiert der Fachkräftemangel. Auch wenn durch die Entlassungen wieder einige Arbeitnehmende auf dem Markt sind – es bleibt schwierig für Firmen, Talente zu finden und zu halten.
◆ Attract
Ziel ist, von Stelleninteressentinnen und -interessenten als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Das funktioniert mittels übersichtlicher und informativer Webseiten, realistischer Jobausschreibungen, aber auch mitMund-zu-Mund-Propaganda.
◆ Match
Im Bewerbungsprozess müssen beide Seiten klar aufzeigen, was gefordert und was geboten wird. Vertrauen wird bereits hier gebildet. Für die Firma heisst das, den Prozess für die Bewerbenden so schnell und transparent wie möglich zu gestalten.
◆ Engage
Die Firma kümmert sich um ihre Angestellten mit ebenso viel Aufmerksamkeit, wie sie Kandidierenden im (Vor-)Bewerbungsprozess schenkt. Weiterbildungsmöglichkeiten, Benefits im Büro sowie ein attraktiver Lohn und regelmässige Gespräche führen zur Wahrnehmung, dass die Arbeitgeberin gut ist.
◆ Stay in touch
Ein Unternehmen zu verlassen, ist nie leicht – sei es auf eigenen Wunsch oder auf Wunsch der Firma. Firmen sollten in jedem Fall den Austritt begleiten und auch im Nachgang mit der oder dem Ex-Angestellten in Kontakt bleiben, denn ein scheidendes Talent könnte irgendwann zurückkehren – mit einem Rucksack voller neuer, wertvoller Erfahrungen.
Dass Unternehmen im Arbeitsmarkt glänzen wollen, ist keine Neuigkeit. Schon seit dem «War of Talents» haben sich erst die Grosskonzerne und später auch die KMU aufgehübscht. Seit einiger Zeit ist es schick, vom Employer Branding zu sprechen – wobei bei genauem Betrachten viele Punkte bereits seit Jahrzehnten von der Arbeitnehmerschaft gewünscht waren.
Was es braucht, um als Arbeitgeber zu überzeugen, das weiss Andreas Gross. Er war über einen Zeitraum von fast sieben Jahren für die Aussenrepräsentation der Mobiliar verantwortlich. Unter seiner Führung gelang es, die Unternehmensmarke als die beliebteste im Versicherungsbereich zu platzieren.
Seit einem halben Jahr bietet Gross nun sein Wissen auch anderen Unternehmen an: Er hält bei der Kommunikationsagentur Farner den Posten als Lead Employer Branding und zeigt auf, welches Angebot heute als attraktiv gilt. Seine wichtigsten Punkte: In erster Linie geht es darum, dass die Unternehmen sich effektiv darüber im Klaren sein müssen, welche Jobprofile für sie in der Zukunft relevant sind, um langfristig als Unternehmen zu bestehen. Und dann zu wissen, was diese Mitarbeitenden motiviert, für das Unternehmen zu arbeiten – jetzt und auch in Zukunft.
Dies kann ganz unterschiedliche Aspekte beinhalten, wie zum Beispiel flexible Arbeitsmodelle oder die Nutzung neuster Technologien. Hinzu kommen ein attraktiver Lohn sowie Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Vielen Arbeitnehmenden sei heute auch das selbstbestimmte Arbeiten wichtig, und das wiederum drücke das Vertrauen der Firma in die Person aus. Was einfach klinge, sei aber nicht immer der Fall. Denn leider handelten Firmen oft erst, wenn die Mitarbeitenden kündigen und sich kein Ersatz für die Stelle finden lässt.
Dabei bekunden potenzielle neue Arbeitnehmende einem Unternehmen gegenüber nur begrenzt Loyalität und Identifikation. Gemäss dem aktuellen Randstad-Arbeitsbarometer 2023 kündigen 56 Prozent der Angestellten, wenn sie sich dem Unternehmen nicht zugehörig fühlen. Leadership-Coach Bianca-Janina Kux relativiert dies: «Die Firma wird weniger relevant, dafür gewinnt das Team, in welchem man arbeitet, an Wichtigkeit. Direkte Vorgesetzte werden so Botschafter des Unternehmens.»
Kux entwickelt seit sieben Jahren Teams in unterschiedlichsten Firmen von gross bis klein – sie weiss, wovon sie spricht. «Viele Unternehmen entwickeln ihre mittleren Kader nur dürftig weiter», führt Kux aus, «der Geschäftsführung ist oftmals nicht bewusst, dass ihren Abteilungsleitern und -leiterinnen eine Schlüsselrolle zufällt.» Sie, die seit Jahren mit stärkenbasierten Methoden innovativ eingebettet in die tägliche digitale Kommunikation Teams entwickelt, hat schon einiges zur Loyalität in Unternehmen beigetragen. Was ihre Teambegleitung-Reviews auch ein Jahr nach Abschluss der Projekte zeigen.
Ein Schüssel liegt also im Halten und Motivieren des Middle-Managements – doch bis die Angestellten überhaupt auf dieser Ebene motiviert werden können, müssen sie sich erst für das Unternehmen begeistern. Das klassische Stelleninserat verkam unlängst zum Video. Social-Media-Plattformen spielen in der Mitarbeitendensuche heute eine zentrale Rolle. Jede Altersgruppe kann je nach Kanal erreicht werden. Auch wenn sich LinkedIn in den letzten Jahren als Businessplattform etabliert hat, ist Tiktok der perfekte Kanal, um die jüngste Generation Z anzusprechen.
Dies zeigen die Erfolge von Siria Berli und Marvin Richner, die beide selbst der Gen Z angehören. Zusammen haben sie die Swisstok GmbH gegründet und dieses Jahr auf Equipe GmbH umfirmiert. Zu ihren Kunden gehören namhafte Unternehmen wie die Swiss, Swisscom, Rivella, Spar, Planzer, Amag, Securitas und viele mehr. Angebot und Erfolgsrezept der beiden und ihres Teams sind stets das Gleiche: Short-Videos mit Key-Botschaften generieren Aufmerksamkeit und Interesse der Zielgruppe.
Wie erfolgreich sie dabei sind, zeigt sich im aktuellen Securitas-Case. Die Kampagne startete Ende August auf Tiktok. Das Ziel des Kunden war, mehr Bewerbungen zu erhalten und natürlich entsprechend geeignetes Personal zu finden. Vor der Kampagne erhielt Securitas im Durchschnitt vier Bewerbungen pro Woche. Seit dem Start sind es 1500, also 100 Bewerbungen pro Woche. Davon sind bereits über 130 Personen eingestellt worden – dies in einem Sektor, in dem es schwierig ist, geeignetes Personal zu rekrutieren.
Ob neue Talente finden oder die bestehenden halten: «Jedes Unternehmen hat mit seinen Mitarbeitenden andere Aufgaben zu lösen», weiss Andreas Gross. Seien dies vermehrt Teilzeitangebote, Quer- oder Wiedereinstiegsprogramme, genügend Lernende oder die Herausforderung, aufgrund des Unternehmensstandorts die benötigten Fachkräfte zu finden. Deshalb gibt es keine One-Employer-Branding-Strategie, die für alle gleich gilt.
Gerade auch im Zusammenhang mit den aktuellen Entlassungen gilt, dass jede Trennung, ob vermehrte Entlassungen oder Einzelfälle, individuell mit den einzelnen Angestellten besprochen werden und ein – trotz allem – möglichst positives Erlebnis entsteht. Der Grund laut Gross: «Ein Arbeitgeberimage kann schnell leiden. Es kommt sicherlich der Tag, an dem man neue oder andere Fähigkeiten ins Unternehmen holen möchte, und dann ist ein Unternehmen gut beraten, wenn es sich auf sein gutes Image als Arbeitgeber beziehen kann.» Employer Branding startet mit kleinen Dingen im Alltag und geht bis zu gross angelegten Kampagnen weiter. Was aber laut dem Experten grundsätzlich gilt: «Employer Branding ist eine langfristige Angelegenheit und bedarf eines integrierten Ansatzes in der gesamten Mitarbeiter-Journey.»
Quelle: «Handelszeitung», Peter Jauch, 2023
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