Der Arbeitsmarkt ist in Aufruhr. Bewarben sich früher Arbeitssuchende bei Firmen und versuchten, einen guten Eindruck zu hinterlassen, ist heute oft das Gegenteil der Fall: Firmen müssen attraktiv sein, damit sie neue Mitarbeitende anziehen, denn der Fachkräftemangel stärkt die Rolle der Bewerberinnen und Bewerber. Dabei versprechen Firmen viel: einen guten Lohn, flexible Arbeitszeiten, spannendes Umfeld.
Trotzdem sind viele Angestellte unzufrieden: Alle paar Monate macht ein Trend die Runde, mit dem Mitarbeitende ihre – in ihren Augen – miese Arbeitssituation beschreiben. Ganz gross in ist Quiet Quitting, stilles Kündigen. Oder schlichtweg Dienst nach Vorschrift. Auch wenn im Büro viel los ist, wird nur das geleistet, was im Vertrag steht. Nichts, was darüber hinausgeht. Die Krux am Begriff: Es steht gar keine Kündigung im Raum, denn die Angestellten erledigen ihre eigentliche Arbeit. Sie gehen einfach nicht die Extrameile.
«Eine Kündigungsandrohung ist eine machtvolle Waffe.»
Tina Fischer
Redaktorin Management, Handelszeitung
Nun erobert ein weiterer Trend die Arbeitswelt: Loud Quitting. Im Gegensatz zur stillen Kündigung wird hier die Kündigung laut herausposaunt. Zumeist gegenüber dem Chef, wo man mit der lauten Kündigung eine Lohnerhöhung durchboxen will. Das Problem: Man droht nur mit Kündigung, wirklich ernst meint man es nicht. Dieses Vorgehen ist besonders beliebt in den USA. Hier sanken die Reallöhne infolge der Teuerung markant, die Tech-Branche sprach Zigtausende Kündigungen aus, um dann, wie bei Twitter, Entlassene zu einer Rückkehr zu bewegen.
«Der Trend "Loud Quitting" kommt in der Schweiz an. Doch die Praxis, mit Kündigungsandrohung eine Lohnerhöhung einzufordern, hat ihre Tücken.»
Loud Quitting gibt es jetzt auch in der Schweiz. Anleitungen finden sich in den sozialen Medien zuhauf. Nur: Der Schuss kann nach hinten losgehen. Auch wenn die Rede von einem Arbeitnehmermarkt ist und viele Firmen rekrutieren müssen – die Realität sieht meistens anders aus. Wer laut kündigt, ohne etwas anderes in Aussicht zu haben, läuft Gefahr, am Schluss ohne Arbeit und vor allem mit verlorenem Vertrauen dazustehen.
Eine Kündigungsandrohung ist eine machtvolle Waffe, aber sie sollte nur eingesetzt werden, wenn man den eigenen Stellenwert kennt und effektiv eine andere Position in Aussicht hat. Wer beruflich weiterkommen will, muss sich regelmässig extern bewerben. Dank Stellenwechseln erfolgen die grössten Fach- und Lohnsprünge. Gleichzeitig kann, wer trotz allem dem Unternehmen treu bleiben will, der Chefin so den Stellenwert aufzeigen.
Und wer transparent kommuniziert, mit wem man im Gespräch ist, schürt kein Misstrauen beim Chef. Das Gegenteil ist der Fall – es verstärkt das Vertrauen. Wird die Chefin transparent informiert und erhält sie die Möglichkeit, den Vertrag so anzupassen, dass es wieder für beide Seiten stimmt, dann werden die Angestellten weder laut kündigen noch nur Dienst nach Vorschrift machen.
Quelle: Tina Fischer, «Handelszeitung», 03.05.2023
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