Ob Verwaltungsratsmandat, politisches Amt oder Trainer im Dorfverein: Zweitjobs liegen im Trend. Nachfolgend ein Überblick über die rechtlichen Formalitäten.
Früher war es üblich, einen Vollzeitjob zu haben: Man war Schuhmacher, Lehrerin, Geschäftsführerin oder Jurist. Über die letzten Jahre zeigte der Trend zur Mehrfachbeschäftigung allerdings fast Jahr für Jahr nach oben. Mit vielen verunsichernden Faktoren wie Corona, Krieg und Inflation konfrontiert, liebäugeln viele Arbeitnehmende mit einem Zusatzeinkommen.
Dazu arbeiten sie abends noch einige Stunden im Service, reinigen Wohnungen oder treiben das eigene Startup voran. So können Teuerungseffekte mit einem Zusatzeinkommen im knappen Geldbeutel ausgeglichen werden. Ein zweiter Job erlaubt manchem gar erst, über die Runden zu kommen oder – trotz Inflation – den gewohnten Lebensstandard zu halten.
Aber nicht immer werden zusätzliche Jobs aus purer Notwendigkeit angenommen: Heute gilt es in den höheren Einkommensschichten fast schon als schick, neben dem Hauptjob einer weiteren beruflichen Leidenschaft nachzugehen. Sei das als kreativer Freelancer, im politischen Nebenamt oder gar im Verwaltungsrat eines Unternehmens.
Gerade Topmanager üben neben ihrem Job gerne auch Mandate in Verwaltungs- oder Stiftungsräten aus. Diese Nebenmandate sind nicht ohne Risiko; vor allem, wenn es dort mehr zu tun gibt als anfänglich geplant.
Spätestens dann tauchen rechtliche Fragen auf. Insbesondere im Zusammenhang mit Treuepflichtverletzungen und der Höchstarbeitszeit lohnt es sich, die Regeln zu kennen – unabhängig davon, ob für den einfachen Nebenjob in der Quartier-Bar oder für die Arbeit in einem hochdotierten Gremium.
Die folgende Übersicht gibt Orientierung darüber, was im Zusammenhang mit Nebenbeschäftigungen erlaubt ist und was es zu beachten gilt.
Laut Gesetz darf eine Angestellte keine entgeltliche Arbeit für einen anderen Arbeitgeber leisten, falls sie damit die Treuepflicht des ersten Arbeitgebers verletzt. Als Treuepflicht gilt: Angestellte haben grundsätzlich alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber schaden könnte.
Der wichtigste Anwendungsfall der Treuepflicht ist die Konkurrenzierung des Arbeitgebers gegen Entgelt. Arbeitsverträge können auch ein ausdrückliches Konkurrenzverbot enthalten. Dieses muss aber klar eingegrenzt sein und ist in der Regel nur verbindlich, wenn der Arbeitnehmende aufgrund seiner auf der Arbeit erworbenen Kenntnisse den Arbeitgeber erheblich schädigen könnte.
«Die Anzahl erlaubter Nebenjobs ist nicht begrenzt. Ausschlaggebend sind die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten.»
Die Anzahl erlaubter Nebenjobs ist nicht begrenzt. Ausschlaggebend sind die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten. Angestellte dürfen demnach wegen eines Zweitjobs nicht übermüdet zur Arbeit kommen. Arbeitet jemand nach dem Bürojob zusätzlich nachts im Club oder als Krankenpfleger mit Schichtdienst wird es heikel. Denn die tägliche Ruhezeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsanfang muss mindestens elf Stunden betragen.
Das Seco definiert zudem klar: Die wöchentliche Höchstarbeitszeit über alle Jobs eines Arbeitnehmenden beträgt 45 Stunden pro Woche. Diese Grenze gilt für Arbeitnehmende in industriellen Betrieben, Büropersonal, technische Angestellte und Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Detailhandels.
Fünfzig Stunden pro Woche sind es für alle übrigen Arbeitnehmenden, namentlich für Angestellte in Gewerbebetrieben sowie in Gesundheitsberufen. Diese Vorschriften dürfen durch eine Mehrfachbeschäftigung nicht verletzt werden.
Was heisst das für den ehrenamtlichen Fussballtrainer, der abends die Jungmannschaft auf dem Spielfeld koordiniert? Freiwilligenarbeit wird vom Gesetz nicht limitiert. Sie ist in der Schweiz entsprechend beliebt: Rund 700 Millionen Stunden pro Jahr engagieren wir uns ehrenamtlich.
Laut dem Bundesamt für Statistik gaben 41 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung ab 15 Jahren im Jahr 2020 an, in den letzten vier Wochen Freiwilligenarbeit geleistet zu haben. Dazu gehören beispielsweise unbezahlte Tätigkeiten für einen Verein oder eine öffentliche Institution und unbezahlte, persönliche Hilfeleistungen für nicht im selben Haushalt lebende Personen.
Auch wenn sich die Arbeit in Vereinen der Kontrolle von Arbeitgebenden im Gegensatz zum klassischen Zweitjob entzieht, sollte natürlich auch das Ehrenamt kein schlechtes Licht auf den Arbeitgebenden werfen oder diesen wirtschaftlich schädigen.
Sich neben dem Job eine Zukunft als Selbstständigerwerbende aufzubauen, ist beliebt. Denn die Festanstellung garantiert die Sicherheit eines Einkommens, während sie trotzdem erste Schritte in die Selbstständigkeit mit entsprechend geringerem Risiko ermöglicht.
Jedoch gilt auch in diesem Fall: Für den aktuellen Arbeitgeber dürfen durch die Selbstständigkeit keine Konkurrenzsituation und kein Interessenkonflikt entstehen. Durch Beachtung der gesetzlichen Ruhezeiten von elf Stunden sollte zudem die Selbstständigkeit keinen negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit haben.
Wer im Zweitjob einen Lohn ausbezahlt bekommt, schuldet auf diesem Steuern und Sozialabgaben (AHV/IV/EO und ALV). Jedoch gilt auch hier: Keine Regel ohne Ausnahme. Erst wenn sich der Jahreslohn im Nebenverdienst auf mehr als 2300 Franken summiert, werden Sozialversicherungsbeiträge fällig. Davor erfolgen sie auf Verlangen des Versicherten.
Wer jedoch in Privathaushalten oder im Kulturbereich arbeitet, muss zwingend Beiträge leisten – unabhängig vom Jahreseinkommen. Und in Bezug auf die Steuerpflicht bestehen gar keine Ausnahmen: Der gesamte Nebenverdienst muss in der Steuererklärung angegeben werden.
Bei zwei oder noch mehr Arbeitgebern stellen sich auch zentrale Fragen zur Pensionskasse und damit zur Altersvorsorge. Arbeitgeber müssen ihre Angestellten – auch Teilzeit-Mitarbeitenden – in der zweiten Säule versichern. Dies gilt, sofern der Jahreslohn der angestellten Person mindestens 22'050 Franken beträgt. Das ist der gesetzliche Grenzbetrag – die BVG-Eintrittsschwelle. Dieses BVG-Obligatorium müssen Arbeitgebende beachten – unabhängig davon, ob die angestellte Person weitere Arbeitgebende hat.
Jedoch arbeiten heute viele Arbeitskräfte für unterschiedliche Unternehmen in kleinen Arbeitspensen und verdienen pro Arbeitgeber oftmals unter 22'050 Franken pro Jahr. Wer also für mehrere Arbeitgeber tätig ist und in keinem Arbeitsverhältnis mehr als 22'050 Franken pro Jahr verdient, untersteht nicht dem BVG-Obligatorium. Diese Personen müssen sich eigenständig um ihre zweite Säule kümmern.
Eine Option ist, sich freiwillig der Pensionskasse eines bestehenden Arbeitgebers anzuschliessen. Ermöglicht dies keine der Pensionskassen, ist die Versicherung bei der sogenannten Auffangeinrichtung der beruflichen Vorsorge zu empfehlen.
«Es lohnt sich, den Arbeitgeber am besten bereits vor Stellenantritt über bestehende oder geplante Nebenbeschäftigungen zu informieren.»
Um nicht in Schwierigkeiten zu kommen, zahlt sich in der Regel Transparenz gegenüber den Arbeitgebern aus. Das bedeutet: Es lohnt sich, den Arbeitgeber am besten bereits vor Stellenantritt über bestehende oder geplante Nebenbeschäftigungen zu informieren und diese Kommunikation schriftlich festzuhalten. Denn laut Gesetz ist es erlaubt, mehrere Jobs zu haben.
Es gilt jedoch, auf die eigene Belastbarkeit zu achten. Mehrfachbeschäftigte müssen in der Lage sein, sich an jedem Ort voll einzusetzen und die verschiedenen Jobs klar voneinander zu trennen.
Quelle: Yvonne Miller, «Handelszeitung», 24.06.2022
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