Eine Bewerbung, die von Open AIs Chatbot ChatGPT geschrieben wurde, kam in die engere Auswahl für ein Vorstellungsgespräch bei einer Beratungsfirma. Das Bewerbungsschreiben schnitt einem Bericht zufolge besser ab als viele der echten Kandidatinnen und Kandidaten.
Dabei war die Bewerbung ein Trick: Neil Taylor, Gründer der Kommunikationsberatungsfirma Schwa, testete seine HR-Fachpersonen und seine Einstellungssoftware, um zu sehen, ob sie eine von ChatGPT geschriebene Bewerbung erkennen würden. Beide wurden getäuscht, sagte er zu Sky News.
Taylor gab ChatGPT eine schriftliche Aufgabe, die auch echten Bewerbern gegeben worden war. Er bat ChatGPT, «die Geheimnisse des guten Schreibens» in 300 Wörtern zu beschreiben. Schwa war auf der Suche nach einem schlagkräftigen und wortgewandten Stück Prosa – denn die Firma brauchte Mitarbeitende, die gut schreiben konnten.
Die Namen und Lebensläufe der Bewerberinnen und Bewerber wurden im Prozess vor den Personalverantwortlichen verborgen, damit sie nicht wussten, hinter welcher Übermittlung die Bewerbung des Roboters steckt. Nachdem weniger als ein Fünftel der Bewerber in die engere Auswahl gekommen waren, wurde ChatGPT von der Abteilung als einer der wenigen für ein Gespräch mit Taylor ausgewählt.
«Er schien kompetenter als viele der schlechten Kandidaten, die sich bei uns bewerben», sagte er zu Sky News. «Wenn man bedenkt, dass wir Dinge schreiben müssen, die auffallen und Aufmerksamkeit erregen, dachte ich, dass das ein echter Test war.» Der ChatGPT-Text sei viel besser gewesen als viele Bewerber: schlagkräftiger und meinungsstärker, sagte Taylor.
«Viele Leute können etwas ziemlich Gutes produzieren, und ChatGPT kann das auch.»
Neil Taylor, Gründer der Kommunikationsberatungsfirma SCHWA
Taylor betonte aber, dass er dem Chatbot dazu sehr spezifische Anweisungen geben musste. So sollte der Chatbot zum Beispiel im Stil des amerikanischen Autors und Werbetexters Dave Trott schreiben, um in die engere Auswahl zu kommen. «Als ich der Recruiterin mitteilte, dass ChatGPT in die engere Wahl gekommen war, war sie etwas niedergeschlagen», sagte er zu Sky News. «Aber sie war beruhigt, als ich ihr sagte, wie viel Arbeit ich da reinstecken musste.»
Als ChatGPT Ende November lanciert wurde, hatte es schon bald mehr als eine Million Follower, weil es vom Schreiben von Aufsätzen bis zum Programmieren vieles kann, wozu auch ein Mensch in diesen Bereichen fähig ist.
Beatrice Nolan von «Business Insider» nutzte ChatGPT etwa, um zwei Bewerbungsschreiben für eine Stelle als Social Media Assistant und als Sachbearbeiterin zu verfassen. Im Anschluss bat sie Personalverantwortliche, diese zu bewerten. Sie sagten, die Anschreiben klängen wie ein «echter Kandidat» und würden im echten Leben wahrscheinlich zu einem Vorstellungsgespräch führen. Beide Personalverantwortlichen waren sich jedoch einig, dass es im Anschreiben an Persönlichkeit fehlte.
Und auch Taylor selbst glaubt nicht, dass ChatGPT revolutionäres Potenzial hat. Weil er auf Inhalte aus dem Internet trainiert wurde, sei er in seinen Möglichkeiten nur begrenzt innovativ. Die «Kluft zwischen etwas wirklich Gutem und etwas nur ziemlich Gutem» könne er nicht überbrücken, so Taylor zu Sky. «Viele Leute können etwas ziemlich Gutes produzieren, und ChatGPT kann das auch.» Autoren, die auf diesem Level stehen blieben, könne ChatGPT Konkurrenz machen – den anderen aber nicht.
Wie also lautete nun der Pitch der künstlichen Intelligenz? Hier ist der Text, den ChatGPT auf Taylors spezifische Anfrage hin generierte:
«Das Geheimnis des guten Schreibens ist ganz einfach: Erzähle eine gute Geschichte. Im Kern geht es beim Schreiben um Kommunikation und darum, mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Und das geht am besten, indem man eine Geschichte erzählt, die beim Publikum ankommt. Beim guten Schreiben geht es um mehr als nur darum, einen Haufen Wörter aneinanderzureihen und zu hoffen, dass sie hängen bleiben.
Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen, die den Leser fesselt und ihn dazu bringt, Seiten weiterzublättern. Es geht darum, mithilfe von Sprache ein lebendiges Bild im Kopf des Lesers zu zeichnen und ihn mithilfe der Struktur durch die Geschichte zu führen. Aber eine gute Geschichte zu erzählen, ist nicht einfach. Es erfordert eine Kombination aus Kreativität, Talent und harter Arbeit. Du musst in der Lage sein, frische und interessante Ideen zu entwickeln und sie dann so umzusetzen, dass du die Aufmerksamkeit des Lesers fesselst. Eine Möglichkeit, deinen Schreibstil zu verbessern, besteht darin, sich ständig mit neuen Ideen und Perspektiven auseinanderzusetzen.
Lies viel und achte auf die Art und Weise, wie andere Autoren ihre Geschichten erzählen. Analysiere, was funktioniert und was nicht, und versuche diese Erkenntnis in deinen eigenen Text einfliessen zu lassen. Ein weiteres Schlüsselelement eines guten Textes ist die Einfachheit. Versuche nicht, deine Leser mit grossen Worten und komplizierten Satzstrukturen zu beeindrucken. Konzentriere dich stattdessen auf eine klare und prägnante Sprache, mit der du deinen Standpunkt schnell und effektiv vermitteln kannst. Und schliesslich solltest du dich nicht davor scheuen, deine Arbeit zu überarbeiten und zu redigieren. Niemand schafft es beim ersten Versuch – und die besten Autoren sind immer bereit, ihr Werk zu überarbeiten, bis es das bestmögliche ist.
Wenn du also ein guter Schriftsteller werden willst, solltest du damit beginnen, eine gute Geschichte zu erzählen. Nutze deine Kreativität und dein Talent, um auf neue Ideen zu kommen, und arbeite dann hart daran, diese klar und fesselnd umzusetzen. Sei bereit, ein Werk zu überarbeiten und zu redigieren, und sei immer bereit, zu lernen und deine Fähigkeiten zu verbessern. Wenn du diese Dinge beherzigst, dann bist du auf dem besten Weg, spannende und ansprechende Geschichten zu schreiben, die deine Leser fesseln.»
Quelle: Sawdah Bhaimiya, Handelszeitung | Insider, 29.01.2023
Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider unter dem Titel «Wie eine von ChatGPT geschriebene Bewerbung Personaler täuschte – und zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde».
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